Recent Changes - Search:

Unfertiges


Technisches

Startseite

edit SideBar

20150913

Heizen mit Holz

Ich erinnere mich, dass der Oktober 1987 warm, sonnig und trocken war, gegen Ende des Monats konnten wir unseren Umzugskram bei herrlichem Wetter aus dem Container holen und unter Dach bringen. Am Mittag sassen wir mit dem Chauffeur des Tiefladers auf der Terrasse und futterten Spaghetti napoli. An Winter und Kälte dachte niemand, schliesslich fällt im Südwesten nur ganz selten Schnee.

Aber das änderte sich schneller, als wir uns vorgestellt hatten. Die dicken Mauern verwöhnten uns zwar noch einige Wochen lang mit gespeicherter Sommerwärme, aber dann begannen wir zu frieren. Einfach verglaste Türen und Fenster mit breiten Lüftungsschlitzen zwischen Rahmen und Flügeln werden offene Löcher, durch die aussen nicht mehr verputzten Wände zog der Wind und durch den Kamin strömte viel frische Luft in den Raum, wenn da kein Feuer brannte. Es war ausgesprochen hündelig und wir hatten wirklich kaum Lust, uns abends dort längeren Diskussionen hinzugeben. In der Küche hatten wir zwar den offenen Kamin, der gut zog. Wir fanden uns allerdings bald in englischen Kriminalromanen wieder, wo die Bewohner einsamer Schlösser sich nur durch regelmässiges Drehen des Stuhls vor dem Verbrennen des Bauchs und Erfrieren des Rückens schützen. Einen Winter hätten wir auf diese Weise wohl lebend überstehen können, aber heizen konnte man das wohl kaum nennen. Nein, so wollten wir nicht überwintern, obwohl frühere Bewohner des Hauses dies sicher getan hatten.

In einer Blitzaktion erstanden wir einen Kanonenofen, stellten ihn vor den Kamin und führten das Rauchrohr da hinein. Das offene Feuer wurde geopfert, dafür hatten wir jetzt eine ordentlich überschlagene Küche, in der sichs auch gemütlich sitzen liess. Ein Ofen nutzt auch die Energie des Holzes besser aus als ein offenes Feuer, wir ersparten uns also auch einiges an Lauferei. Zu der Zeit hatten wir ja unseren Traktor noch nicht.

Hart war jeden Abend der Aufbruch aus der warmen Küche in die ungeheizten Schlafzimmer und die kalten Betten - Margrit erinnerte sich fröstelnd an die Tage bei ihrer Grossmutter in Appenzell: Vor dem Mund kondensierte der Atem, Eisblumen schmückten die Scheiben und der Steinsack erwärmte die klammen Leintücher nur notdürftig. In dieser Not half der technische Fortschritt in Form von elektrischen Heizdecken, die wir eine halbe Stunde vor dem Schlafengehen einschalteten. Von da an erwarteten uns wunderbar vorgewärmte Betten - Herz, was willst du mehr?! Der Ofen eignete sich übrigens auch gut zum Kochen und ich entwickelte bald etwas Übung darin, Gericht auf dem Gasherd anzukochen und sie dann auf dem Ofen fertig zu garen. Daraus entstand die Idee, den Ofen durch einen Holzherd zu ersetzen und im Winter darauf zu kochen. Für einen lächerlichen Betrag fanden wir so ein Möbel, abgestellt in einem Keller, weiss emailliert und mit deutlichen Gebrauchsspuren. Das stellten wir uns in die Küche, es war genau richtig zum Ausprobieren, denn bei der bevorstehenden Küchenrenovation wollten wir uns dann etwas Grösseres leisten. Der Ofen kam in die Ferienwohnung für kühle Frühlings- und Herbstabende, er steht immer noch da und wärmt und erfreut unsere Gäste. Nein, das ist nicht ironisch gemeint, denn die meisten freuen sich aufs Feuern - wer hat denn noch ein echtes Feuer im Haus?

Die Kocherei auf einem Holzherd hat ihren eigenen Reiz und ich muss gestehen, sie hat mir viel Spass gemacht! Die Feuertüre ist links, die Herdplatte wird vom Feuerraum her vom Feuer bestrichen und der Rauch geht nach hinten weg. So entstehen auf der Platte Felder unterschiedlicher Hitze und die Kunst besteht schliesslich darin, die Pfannen so herumzuschieben, dass sie genau die richtige Portion Hitze bekommen. Na ja, man kann aus allem einen Sport machen...

Zentralheizung I

Keine Frage, Kästners «zentralgeheizte Räume» sind der Inbegriff von Komfort*. Unsere Vorgänger hatten sich denn auch eine Holz-/Öl-Zentralheizung einrichten lassen, diese aber ganz offensichtlich nie wirklich in Betrieb genommen. Ob ihnen das Geld für das Heizmaterial fehlte oder ob sie selber merkten, dass die Einrichtung nicht funktionierte - ich weiss es nicht. Sicher aber hat diese Installation viel Geld verschlungen, das ihnen dann an anderen Orten fehlte. Ich wollte es natürlich wissen und so schleppten wir bereits kurz nach dem Einzug Holz aus dem Wald herauf und feuerten ein. Es schien alles zu funktionieren: Das Feuer brannte, die Pumpe lief, aber warm wurden die Heizkörper nicht. Ein Gang durchs Haus brachte schnell Klarheit: Hier war ein Riesenpfusch installiert worden! Vom Ofen führte eine Steigleitung in den kalten Dachraum, verteilte sich dort horizontal über die Länge des ganzen Hauses und führte durch die Böden wieder hinunter in die Wohnräume und zu den Radiatoren. So konnten zwar aufwendige Durchbrüche in den dicken Mauern vermieden werden, dafür heizten wir im Dachraum für die Vögel. Durch die ersten Winter gingen wir darum notgedrungen mit Ofen und Cuisinière in der Küche und Heizdecken im Bett und die Zentralheizung wartete auf bessere Zeiten.

Meine Idee war von Anfang an, dem Haus zeitgemässen Komfort zu geben, ohne seinen Charakter zu verändern. Dazu gehörte selbstverständlich auch eine ordentliche Zentralheizung. Die Inspektion gab mir den Mut, das ganze vollkommen neu zu planen, mit Fussbodenheizung im Erdgeschoss und Radiatoren im ersten Stock, mit einem modernen und leistungsfähigen Kessel und einem Speicher. Jahre später habe ich dann auch die unselige Verrohrung unter dem Dach abgerissen und die Verteilung in die Räume im ersten Stock verlegt.

Zentralheizung II

Die Fussböden im Erdgeschoss bestanden im ganzen Haus aus dicken Holzplanken, die auf Balken über einem etwa 30 Zentimeter hohen Luftraum lagen, dem vide sanitaire. Die aufsteigende Feuchtigkeit liess diese Konstruktion im Lauf der Jahre verfaulen, ein widerlicher, modriger Geruch erfüllte die Räume. Im Alemannischen sagen wir «es müffelet», es riecht muffig. Es war also klar, dass hier totalsaniert werden musste. Und wenn schon, konnten wir auch gleich eine Fussbodenheizung verlegen. So etwas selber zu machen, liegt vielleicht nicht auf der Hand, aber nach ausgiebigem Bücherstudium traute ich mir das zu. Offenbar habe ich alles richtig gemacht, denn die Böden haben keine Risse und funktionieren immer noch. Sie geben eine wunderbar weiche Wärme ab - Komfort pur! Bei einem Besuch in der Schweiz hatte ich eine längere Beratung bei einem Spezialisten für Holzheizungen. Mein Freund Viktor hatte in seinem Haus eine Holz-Speicherheizung eingerichtet und er vermittelte mich zu diesem Ingenieur. Es ergaben sich zwei wesentliche Einsichten. Erstens: Auf gar keinen Fall die dicken Mauern isolieren! Eine Aussenisolation verschandelt den perigourdinischen Charakter des Hauses, eine Innenisolation unterbindet die Speicherwirkung des schweren Mauerwerks. Zweitens: Der Ofen genügt, wenn doppelt verglaste Fenster eingebaut und die Decke zum Dach isoliert wird. Ich habe die Begegnung mit diesem Mann noch immer vor Augen, er hat mir viel geschenkt und wollte absolut kein Geld annehmen. Ich habe mich dann mit einigen Flaschen Pécharmant freigekauft...

Holz-Speicherheizung, was ist das? Öl, Gas und Elektrizität lassen sich nach Bedarf ein- und ausschalten, ein Thermostat an einer Aussenwand macht das perfekt. Im Gegensatz dazu muss ein Holzfeuer in einem Duchgang und mit voller Flamme brennen, sonst ist der Wirkungsgrad gering, denn es entstehen Kohlenmonoxyd und Russ. Damit das Haus nicht hoffnungslos überheizt wird, muss die Wärme zwischengespeichert werden. Bei uns passiert das in einem Pufferspeicher von 3000 Liter, der sich bis auf 95 Grad hochheizen lässt. Von dort wird die Wärme über ein Mischventil in den Hauskreislauf gegeben. Ein Thermostat öffnet und schliesst das Mischventil entsprechend der Aussentemperatur.

Beim Lieferanten für Sanitär- und Heizungsmaterial in Bergerac liess ich mir eine Offerte für das Material machen, was zu einigen Diskussionen führte, weil der Verkäufer noch nie etwas von einer Holz-Speicherheizung gehört hatte. Ich weiss auch nicht mehr, wie es mir gelang, ihm das Projekt mit meinem Schulfranzösisch verständlich zu machen. Er war aber wirklich guten Willens und schliesslich war alles beisammen: Ein Heizungsspeicher von 3000 Litern, ein Warmwasserspeicher von 300 Litern und ein Expansionsgefäss von 100 Litern, dazu ein Mischventil und einige Pumpen. Die Steuerung wollte ich selber bauen.

Natürlich waren die Türöffnungen und die Raumhöhe unseres Heizungsraums zu klein für den riesigen Speicher, wir erweiterten also zunächst den Transportweg im Inneren des Hauses, luden dann das Möbel auf eine Art Schlitten und bugsierten es an den Aufstellungsort. Da hatten wir bereits den Boden abgesenkt und die Decke geöffnet, sodass wir den Speicher mit unserem Aufzug ans Dachgebälk hängen und genau platzieren konnten. Alles ging ohne Beulen an Sachen und Menschen ab, der Rest würde ein Kinderspiel sein.

Die Verrohrung wollte ich aus Eisenrohr machen, um das teure Kupferrohr und die mühsame Hartlöterei zu sparen. Was habe ich anschliessend meine Sparsamkeit verflucht, denn ich stand einen Monat lang tagtäglich in der Kälte des Heizungsraums, sägte Rohre zurecht, schnitt ihnen Gewinde und verband das ganze mit Gussfittingen. Jeder prfessionelle Heizungsmonteur hätte die Rohre geschweisst und die Arbeit in einem Bruchteil der Zeit erledigt. Na ja, es ging auch so. Noch vor dem Ende des Winters 90/91 konnte ich schliesslich Wasser einfüllen und den alten Kessel anfeuern. Und es wurde warm...

Mindestens in der Küche, denn die Radiatoren im ersten Stock waren ja immer noch über die Steigleitung und den Verteiler unter dem Dach angeschlossen. Und diese Anordnung funktionierte auch mit der neuen Installation im Heizungskeller nicht. Ausserdem erwies sich jetzt der alte Heizkessel doch als etwas knapp bemessen, sodass wir ihm einen Herd in der Küche zur Seite stellten.

Zentralheizung III

Der kleine, weisse Probekochherd hatte uns Mut gemacht zu einem grösseren mit einem Zentralheizungs-Einsatz, der einen Teil der Wärme in den Speicher abgeben konnte. Wieder fanden wir durch glückliche Fügung einen gebrauchten von Rosières in der Nähe von Marmande. Das gute Stück wog deutlich über 100 Kilo und war ausserdem ziemlich unhandlich. Wir holten es mit dem Anhänger eines Nachbarn, luden es im Hof auf den Traktor um und hoben es damit auf die Höhe der Terrasse - eine schwierige Operation! Die lange Leitung in den Heizungskeller war nochmals eine Herausforderung, aber im Winter 91/92 war schliesslich alles bereit - Feuer frei!

Die Wirkung war unerwartet und etwas überraschend: Nach Pflichtenheft sollte der Herd deutlich mehr als die Hälfte seiner Wärme in die Zentralheizung abgeben und nur einen kleinen Teil in die Küche. Wir aber sassen im Unterhemd am Tisch und wischten uns den Schweiss von der Stirne: Zusammen mit der Bodenheizung wurde die Küche jetzt überheizt. Weniger einfeuern wäre natürlich möglich gewesen, aber dann konnte man nicht mehr kochen und backen. Die kalten Monate Januar und Februar lösten dann das Problem und wir genossen die Wärme der zentralgeheizten Räume.

Im folgenden Sommer verlegte ich dann die verlustbehaftete Leitung unter dem Dach in die Wohnräume im ersten Stock. Die Mauerdurchbrüche gaben weniger zu tun als befürchtet, einzig die wirklich sehr dicke Wand zur Ferienwohnung musste durchbohrt werden. Die Wirkung war verblüffend: Jetzt wurden die Radiatoren richtig warm und die Zimmer erreichten 18° auch im Januar. Die nächste Aufgabe würde die Isolation der Decken sein.

Zentralheizung IV

Der Krimi ist noch keineswegs zu Ende, das nächste Kapitel heisst: Neuer Kessel. Der Doppelbrand-Kessel und der Herd in der Küche spielten zwar ganz ordentlich zusammen, aber die Heizerei war umständlich und brachte viel Schmutz in die Küche. Auch brauchten Kessel und Herd Scheiter von 50 Zentimetern Länge, die Klafterscheiter aus dem Wald mussten also halbiert werden. Was Wunder, dass wir anfingen, von einem einzigen, grösseren Kessel zu träumen. Gisela und Ruedi in Plazac träumten mit, sie hatten eben in ihrem Haus - auf meinen Rat natürlich - eine Bodenheizung eingerichtet.

Eines Tages rief Ruedi an: 'Wir haben eben in Deutschland einen Heizkessel bestellt. Wenn ihr wollt, könnt ihr eure Bestellung anhängen, es gibt dann nur einen Transport!' Er hätte genau das richtige gefunden für sich und es gäbe wohl auch ein Modell für uns. Was für ein Angebot, natürlich wollten wir! Der neue Kessel von Lopper würde eine elektronische Steuerung und einen Rauchgasventilator haben und damit zwei oder drei Generationen jünger sein als der alte. Jetzt musste er nur noch durch unsere 80 Zentimeter breite Aussentüre passen.

Im Sommer demontierte ich den alten Kessel und konnte ihn sogar noch an jemanden verkaufen, der - wie er meinte - ganz genau dieses Modell suchte. Im Mai 1998 stand schliesslich der neue vor der Tür und erwies sich als genau 15 Millimeter zu breit für die Türe... Wir brachten ihn schliesslich doch in den Heizungskeller ohne das Haus abzubrechen, auch liess er sich gut in die bestehende Installation integrieren. Er ist mit 40 Kilowatt Leistung fast doppelt so stark wie der alte und kann mit ein Meter langen Scheitern gefüttert werden - was für ein Fortschritt! Der Holzschacht fasst 200 Liter, was uns in den kalten Monaten Januar und Februar für einen Tag Wärme und Warmwasser gibt.

Nun waren die Tage des Zentralheizungs-Herds in der Küche natürlich gezählt. Wir planten eine Küchen-Renovation und verschenkten den Herd an ein junges Pärchen, das ihn weiterverkaufte (!). Heute steht er in der Nähe von Paunat auf einer Wiese und rostet vor sich hin...

Edit - History - Print - Recent Changes - Search
Page last modified on 2015-10-26, um 02:50