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20150913

Machines Agricoles

An einer Felibrée sah ich einmal einige alte Bauern am Strassenrand sitzen, neben sich einige Sensen, Gabeln und Rechen, vor sich ein Plakat: «Mit diesem Werkzeug haben wir früher unser Heu gemacht!» Ich weiss nicht, ob sie sich bewusst in den Schatten eines riesigen Mähdreschers gesetzt hatten, der Kontrast war allerdings äusserst wirkungsvoll. Sie hatten sicher recht mit ihrer Feststellung, allerdings sagten sie nur die halbe Wahrheit. Denn als sie jung waren, lebten auf den Höfen noch ganze Sippen unter einem Dach. Zu den paar Werkzeugen gehörten also viele, viele kräftige Hände, die im Felibrée-Bild fehlten.

Nun hatten wir ja im Umzugsgepäck eine Sense samt Wetzstein, einige echte Schweizer Heu- und Mistgabeln und zwei, drei Rechen mitgebracht, es konnte also losgehen! Ach ja, und eine Motorsense, ein sogenannter Freischneider mit Schnapsglasmotor war auch dabei. Wie wir dann da oben am Hang standen und unsere fünf Hektaren Wiese betrachteten, waren unsere Illusionen in sehr kurzer Zeit verduftet, der Freischneider war in dieser Umgebung ein Spielzeug! Wir hatten uns offenbar manches überlegt, aber ans Heuen hatten wir schlicht nicht gedacht. Und wir hatten uns auch nicht Rechenschaft darüber abgegeben, dass der Hof schon lange Zeit nicht mehr bewirtschaftet worden war, wir also ganz neu anfangen mussten.

Wir waren überrumpelt. Wir hatten zwar für die Renovation des Hauses allerlei Pläne geschmiedet, wie wir aber unsere Landwirtschaft aufbauen und betreiben wollten, hatten wir nie überlegt. Man kann von fünf Hektaren Wiesland zwar nicht leben, von Hand bearbeiten wie vor hundert Jahren, kann man sie aber auch nicht. Ich brachte aus dem Landdienst und vom Helfen bei meinem Schulfreund Heini etwas Erfahrung mit. Da waren kurz nach dem Krieg die Pferde bereits durch einen Traktor ersetzt worden, alles übrige wurde aber noch von Hand gemacht. Und jetzt, dreissig Jahre später?

Was brauchen wir eigentlich?

In solchen Fällen gehe ich spionieren: Ich sehe mich um, schaue anderen zu und versuche dann, es selber zu machen. Wie machten denn die Périgourdiner Bauern ihr Heu? Es braucht dazu eine Mähmaschine, eine Kombimaschine zum Zetten, Wenden und Rechen und eine Ballenpresse, welche das lose Heu zu handlichen Kuben oder Rollen formt. Die achziger Jahre waren gerade die Zeit, da fast alle von den viereckigen auf die runden Ballen umgestellt hatten und diese grösser und grösser wurden - bis zu 300 Kilo kann so ein Ding wiegen! Wie sollten wir die bewegen und wo versorgen? Wenn wir nicht eine neue Halle bauen, sondern unsere Scheune nutzen wollten, kamen nur kleine, leichte Ballen oder loses Heu in Frage. Und ohne Traktor würde das auch nicht gehen. Und kosten sollte es möglichst nichts, denn Geld war nicht viel da - also mussten wir alte Ware finden.

Angebote fand man in jenen fernen Zeiten noch in Zeitungen, also natürlich wieder unserem P'tit Bergeracois. Ausserdem abonnierten wir den Agriculteur, der über die Agglomeration Bergerac hinausgeht. Etwas mühsam wurde die Suche zunächst dadurch, dass wir ja gar nicht wussten, wie die Dinge unserer Begierde in Frankreich heissen. Gut, ein Traktor ist un Tracteur, aber was ist ein Mähbalken, eine Zettmaschine oder ein Anhänger für den Traktor? Und wie findet man dann ohne Navi diese Höfe, wo die Sachen stehen? Und was dürfen sie kosten, denn wir wollten uns ja nicht über die Ohren hauen lassen.

Es lag auf der Hand, dass wir uns zunächst an den Mechaniker im Dorf wandten. M Denoix offerierte uns einen Traktor mit Mähbalken, einen SOMECA (FIAT) mit 35 PS, erste Inverkehrsetzung 1967. Die Maschine war damals also schon zwanzig Jahre alt, sie ist heute ein Sammlerstück. Sein Besitzer hatte ihn neu gekauft und damit ein, zweimal im Jahr seine Wiesen gemäht. Die übrige Zeit stand das gute Stück in seinem Stall und hatte darum nach zwanzig Jahren keine 2000 Betriebsstunden auf dem Zähler. M Denoix wollte 20'000 Francs dafür, das waren damals 5'000 CHF. Viele Jahre später hätte er ihn gern zurückgekauft, denn er war ein Sammlerstück geworden und als solches sehr gesucht. Er war für unsere Arbeiten genügend stark und hat uns nie im Stich gelassen! Danke, M Denoix!

Maschinenodyssee

Suchen, kaufen und heimführen unserer Maschinen war eine Geschichte voller Überraschungen und Abenteuer! Zuerst suchten wir Angebote in den Zeitungen, dann fuhren wir hin und sahen uns die Sachen an, verhandelten über den Preis und fuhren dann nochmals hin, um die Dinge heimzuholen. Es gab viele schöne und auch schwierige Begegnungen und spannende Einblicke in anderer Leute Häuser und Schicksale. Die Situation war dieselbe wie zur Zeit unserer Haussuche: Viele Bauern gaben auf, weil die Jungen keine Zukunft mehr sahen. Das Angebot an Häusern und Fahrhabe war gross und die Situation der Verkäufer war keineswegs komfortabel: Sie mussten froh sein, ihren Plunder loszuwerden. Wir waren in der Regel in der bessern Position, aber auch etwas gehandicapt durch die zuweilen schwierige emotionale Seite des Handels und unsere Verständigungsschwierigkeiten. Wir gingen grundsätzlich zusammen, einer sollte verhandeln, der andere beobachten. Und ganz nebenbei durchbrachen wir damit die Regel, dass solche Verhandlungen Männersache sind. Weil Margrit ganz selbstverständlich dabei war, gesellte sich auch die Bäuerin dazu und wusste oft zu vermitteln.

Einige der Begegnungen haben mich sehr berührt und sind mir darum im Gedächtnis geblieben. Ich freue mich, Ihnen davon erzählen zu dürfen.

M und Mme Rossignol

Im Süden der Dordogne fanden wir bei M Rossignol eine neuere Kombimaschine zum Zettern, Wenden und Rechen und eine uralte Ballenpresse. Und eine traurige Geschichte, wie es wohl viele gab im Périgord: Sie hatten nur einen Sohn und der sollte den Hof übernehmen und weiterführen. Der Vater setzte den Sohn unter Druck und der floh in die Krankheit, er wollte nicht Bauer werden. Schweren Herzens gaben die Eltern nach, der Sohn wurde gesund und der Vater begann mit dem Verkauf seiner Habe. Er war ein alter, aber keineswegs gebrochener Mann, die beiden empfingen uns wie ihre Kinder, wir brachten ihnen wohl Hoffnung wenigstens für ihre Maschinen. Ich war dreimal dort und wurde jedesmal fürstlich bewirtet und musste lange zuhören, es waren unvergessliche Momente!

Er bot uns eine Kombimaschine zum Zetten und Rechen an, eine STRELLA, fast neu, sehr robust und wie sich rasch zeigte, genau das Richtige für uns. Die Ballenpresse hatte ihre besten Jahre weit hinter sich, er gab sie uns auch fast gratis und sie hat uns einige Jahre lang Kummer und Freude zugleich gemacht. Ballenpressen gibt es in verschiedenen Ausführungen für weiche, mittlere und harte Ballen, unsere machte weiche Ballen, wir nannten sie Lotterballen, denn sie neigten zum Auseinanderfallen. Sie waren aber so leicht, dass ich sie vom Wagen auf unseren Heuboden werfen konnte, so konnten wir unsere Scheune nutzen.

Von Mme Rossignol bekamen wir auch unser erstes Entenpaar, das sich in Puydorat bestens vermehrte. Und Monsieur hätte mir gern noch diese oder jene Preziose aus seiner Sammlung verkauft, leider passte nichts zu uns. Zwei Jahre später gingen wir nochmals vorbei, das Haus war offenbar verkauft. An einen Engländer, meinte ein Nachbar. Und die Rossignols seien im Altersheim.

Der Heuwagen


Unser erstes Heu

Es gab schnell kleinere Rückschläge, denn die Sache sah zwar einfach aus, war es aber nicht! Jedes Nachlassen der Konzentration, jede vergessene Manipulation, jede falsche Einschätzung des Geländes kann zu einem Schaden an Menschen und Maschinen führen. Drei Hektaren Wiese zu mähen ist Knochenarbeit, auch wenn der Traktor den schweren Teil übernimmt: Die Arbeit ist monoton, der Lärm des Traktors macht schläfrig und ausserdem ist Heuwetter warmes Wetter - die besten Bedingungen zum Fehlermachen.

Schliesslich lag das Gras gezettet am Boden, Sonne und Wind konnten ihre Arbeit tun. Dann kam die Ballenpresse zum Einsatz, die sich wirklich redlich Mühe gab und unsere Geduld immer wieder auf die Probe stellte. Die Ballen waren lottrig und von so unterschiedlicher Grösse, dass wir sie kaum vernünftig aufschichten konnten. Die Schnur neigte zum Verheddern, was jedesmal langwierige Entwirrungsarbeit erforderte. Aber immerhin, wir konnten unser Heu transportieren. Wir luden die Ballen auf einen Wagen, was zu zweit gar nicht so einfach ist. Denn es braucht einen auf dem Traktor zum Lenken, einen auf dem Wagen zum Beigen und einen auf dem Boden zum Hinaufgeben - rechne! Die Lösung ist einfach: Man lässt den Traktor im ersten Gang langsam fahren, schon ist einer eingespart. Dann fuhren wir den Wagen ins Tenn, ich warf vom Wagen aus die Ballen auf den Heuboden und Margrit verteilte sie dort - un travail de Romain - eine Sklavenarbeit. Der Stock wurde langsam höher und die Arbeit immer anstrengender. Dabei holte ich mir meinen ersten Leistenbruch...

Elle n'a jamais couchée dehors

Wir ahnten, dass wir auf dem falschen Weg waren, die Arbeit gefährdete unsere Gesundheit. Herumtragen und hochstemmen von Heuballen - lässt sich das nicht vermeiden? Aber natürlich, meinte Viktor und zeigte mir seinen Heuaufzug. Da hängt unter dem Firstbalken der Scheune ein Aufzug, mit dem auch grössere Lasten bequem gehoben und verschoben werden konnten. Aber das war nicht unsere Lösung, zu teuer und zu unhandlich. Bei meinem Schulfreund Heini hatten sie ein Heugebläse, welches das Heu wie in einer Rohrpost ins Dach hinauf warf. Das Dreisässenhaus hatte ein ähnlich hohes und steiles Dach wie unsere Scheune, das könnte doch unsere (Er-)Lösung sein! Jetzt mussten wir nur noch so ein Gebläse finden.</text:span></text:p>

Wir fanden ohne Schwierigkeiten mehrere Angebote, denn diese Hilfsmitttel waren im Zeitalter der runden Ballen nicht mehr modern. Die meisten waren für unsere kleine Scheune schlicht zu gross, La Dame Estèphe wies uns schliesslich den Weg: Eine Weinbauernfamilie in der Nähe von Vélines verkaufte uns zu einem anständigen Preis ein kleines Gebläse mit den dazugehörigen Rohren und ihren Wein gleich dazu. Noch viele Jahre gingen wir regelmässig vorbei, sagten Guten Tag und nahmen unsere Flaschen Dame Estèphe mit. Dann gaben die Leute ihre Kellerei auf und der Kontakt brach ab.

Das Gebläse würde jetzt also den Transport des Heus auf den Stock erleichtern, nun brauchten wir noch einen Wagen, der es vom Boden aufnahm und auflud, einen Selbstlader oder eine Autochargeuse. Auch so ein Gefährt - glaubten wir - sollte leicht zu finden sein. Über einen Mechaniker fanden wir im Norden von Montpon-Ménestérol das Gesuchte und fielen wieder in eine Geschichte ähnlich derjenigen von M Rossignol: Ein funktionierender Bauernhof und niemand, der ihn weiterführen will. Allerdings hatten sich hier die Bauersleute noch nicht abgefunden mit der Situation, konnten noch nicht loslassen, hingen noch an allem. Der Bauer wollte mir seine Autochargeuse wohl verkaufen, aber die Räder wollte er behalten. Wir stritten hin und her, bis wir schliesslich wegfuhren, nicht ohne ihm unsere Telefonnummer zu hinterlassen.

Er brauchte eine Woche, dann durfte ich den Wagen holen. Als ich wegfuhr, heulte die Frau und versicherte mir: Elle n'a jamais couchée dehors - Er hat nie im Freien übernachtet! Es war fraglos ein guter Kauf, der Wagen war sehr gut gepflegt worden und ohne Rost, er diente uns lange und zuverlässig.


Natürlich überlegen wir uns heute, ihn bei nächster Gelegenheit am Foire der Association Sauvegarde du Patrimoine Rural zu zeigen. Dieser Verein führt regelmässig eine Ausstellung alter Maschinen durch. Da stehen sie dann, die alten Traktoren, Erntemaschinen, Dreschmaschinen und Lokomobile, zum Teil liebevoll restauriert, zum Teil in ihrem originalen Rostkleid. Unser SOMECA gehört leider klar zur zweiten Gruppe, er hat eine äusserliche Restauration dringend nötig. Aber er läuft halt auch so...

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