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20160124

Katz und Hund

Auf einen Bauernhof gehören Hunde, Katzen und Kleinvieh, hier Basse Cour genannt, sonst ist er nicht komplett. Natürlich wollten wir komplett sein, nur ist das zuweilen nicht so einfach. Am einfachsten war es noch mit den Katzen, denn da hatten wir beide Erfahrung, und ausserdem sind die ja pflegeleicht: Füttern und Streicheln genügen. Die Hundesache war da schon schwieriger, da brachte Margrit zwar einige Erfahrung mit, einen Hund wirklich von Anfang an dressiert, hatte aber keiner von uns. Wir fühlten uns überfordert, bevor wir angefangen hatten. Und die Hühner, Enten und Gänse lagen nochmals in weiterer Distanz, obwohl sie doch nur schon aus folkloristischen Gründen auf einen Périgord-Hof gehören: Périgord, Enten und Foie Gras bilden hier unwidersprochen die höchste Dreieinigkeit. Aber wir hatten am Anfang wirklich andere Sorgen als Hunde zu dressieren und also tausend Gründe, diese Fragen vor uns her zu schieben.

Opaline und Tachette- zwei echte Katzenabenteuer

Katzen kommen meist zu vielen zur Welt und die meisten sind dann überzählig, müssen weg in irgendwelche hoffentlich guten Hände oder werden ersäuft. Natürlich war der P'tit Bergeracois immer voller Angebote: Donne châtons tigrés - gebe gratis getigerte Kätzchen. Am ersten Ort hatten die Katzen keine Schwänze, Margrit sagte nein, ordentliche Katzen sollten doch Schwänze haben, die Frau brach in Tränen aus - es war schwierig. Am nächsten Ort trug das Kätzchen einen Verband: Oberschenkelbruch. Die Dame sagte etwas von 'Türe' und 'eingeklemmt', aber die immer misstrauische Margrit tippte auf Misshandlung. Das Kätzchen war sehr zutraulich, Margrit nahm es mit, es wurde gesund und blieb über 18 Jahre als Opaline bei uns. Es hatte Augen grün wie Opale, tief und unergründlich...

Die zweite Runde spielte auf einem Bauernhof in der Nähe von Beaumont, es hatte geregnet, der Dreck stand knöcheltief im Hof, ein junger Mann begrüsste uns: Ja, die Katze sei im Kaninchenstall, sie hätten sie am Vorabend eingefangen. Es sei eben eine wilde Katze, im Heu geboren und nicht an die Menschen gewöhnt. Er müsse nur schnell die Mutter holen, sie kümmere sich um solche Sachen. Wir hätten an der Stelle rechtsumkehrt machen sollen, es hätte uns einiges erspart.

Und dann kam eine vielleicht sechzigjährige, etwas füllige Frau auf uns zu, in einem Strassenkleid, reich geschminkt, mit hoch toupiertem Haar und Stiefeln an den Füssen. Wir wurden taxiert und offenbar für würdig befunden, ihr Kätzchen zu bekommen, es kam in unseren Korb und wir hatten unsere Tachette, unser Fleckchen oder eben Fläckli in unserer Mundart. Das Kätzchen trug links der Nase einen schwarzen Fleck, der die Symmetrie des Gesichts zwar etwas störte, aber ebenso gut als Schönheitsfleck durchgehen konnte. Sie gefiel uns in ihrem grau-weissen Tigerkleid, ganz klar!

Als wir zu Hause das Körbchen öffneten, verschwand unsere Tachette wie der Blitz hinter dem Kühlschrank und ward nicht mehr gesehen. Sie kam zwar zum Fressen hervor, aber nur, wenn die Küche leer war, und das während mehrerer Wochen. Und sie blieb ihr Leben lang ängstlich und handscheu und gab damit all den Büchern recht, die sagen, Katzen und Hunde müssten vom ersten Lebenstag an Kontakt zum Menschen haben. Keine gute Wahl also, aber sie hatte es offenbar gut bei uns, ist schliesslich 18 Jahre geblieben und mit der Zeit auch zutraulicher geworden.

 geboren März 1988 - gestorben 2006

Carla wie Karl, ihr freundlicher Schenker

Karl kam als Freund nach Puydorat, wir sprachen über unsere Unsicherheit einem Hund gegenüber und Karl meinte spontan: Ich schenke euch den Hund! Sucht euch einen aus und sagt mir, was er kostet. So etwas - als Freundlichkeit und Ermutigung abgeschickt - ist für die Beschenkten natürlich eine böse Verschreibung: Jetzt waren wir im Zugzwang, jetzt mussten wir uns auf die Socken machen, uns endlich entscheiden und Hundehalter werden. Aber was für ein Hund sollte es denn sein?

Zu der Zeit hatten wir bereits unsere Schafe und logischerweise konnte unser Hund darum nur ein Berger sein. Hüterassen gibts wie Sand am Meer und alle kamen in unserer Umgebung vor - es war nicht leicht. Da fand ganz in der Nähe eine Dressurprüfung für Border Collies statt, wir gingen hin, staunten und am Abend wussten wir, was wir wollten. Wieder liessen wir uns vom P'tit Bergeracois zu einem Bauern führen: Mme Fresno zeigte uns die sechs oder acht Welpen im Stroh, sie hatten gerade die Augen geöffnet. Wir setzten uns zu ihnen, plauderten mit Madame. Einer der Welpen verliess das Nest, kam auf mich zu, schnüffelte an meiner Hand und liess sich berühren - er war ein Mädchen und wurde unsere Carla. Dieser Name war in meinen Augen Ehrensache: Wenn Karl uns den Hund schenkt, soll er auch seinen Namen tragen, fertig! Margrit fügte sich.

Carla wurde eine äusserst anhängliche, stille Hündin. Sie war lieb und geduldig mit den Kindern, die zu uns in die Ferien kamen, spielte mit ihnen und verkroch sich einfach, wenn sie genug hatte. Einen Sommer lang besuchte ich einen Dressurkurs für Hütehunde mit ihr, fand aber keine rechte Freude an dieser Arbeit, und Margrit wollte nicht einsteigen. Carla blieb unser freundlicher Begleiter.

Als sie zehn wurde, begann sie zu altern, ein Hundejahr zähle für sieben Menschenjahre, sagt man. Wenn jetzt eine Nachfolgerin dazukam, konnte Carla sie unter ihre Fittiche nehmen und anleiten und vielleicht selber etwas neue Jugend erfahren. Also gingen wir wieder auf die Suche.

 geboren Februar 1993 - gestorben Juni 2008

Grisette, das Findelkind

Die Katze war eines Tages einfach da, liess sich streicheln und füttern und ging nicht mehr weg. Sie hatte ein seidenweiches Fell und musste in ihrem Stammbaum wohl irgendwo eine Angora-Katze haben. Und sie war ganz offensichtlich gut an Menschen gewöhnt, war auf der Suche nach einem neuen Heim gewesen und hatte uns gefunden und gewählt. Niemand wusste, wem sie gehörte und woher sie kam, aber hartnäckig hielt sich das Gerücht, sie sei von einer wegziehenden Familie zurückgelassen worden. Da es in Puydorat nur selten Zu- und Wegzüge gibt, mussten wir nicht lange raten...

Wir schätzten sie auf ungefähr zehn Jahre und sie blieb weitere acht bei uns. Dann begann sie an einem Tumor im Kopf zu leiden, verschwand eines Tages und ward nicht mehr gesehen

 geboren ??? - gestorben 2006

Beda wie Margrits Grossvater

Natürlich dachten wir für unseren zweiten Hund sofort wieder an Mme Fresno, die freundliche Frau gleich hinter Beaumont. Und es sollte wohl so sein: Sie hatte eine trächtige Hündin, die Kleinen sollten bald kommen. Auf dem Hof sah es immer noch gleich aus, ihre Kinder waren allerdings ausgeflogen, ihr Mann pensioniert. Wir begutachteten die Babys, suchten eines mit schön symmetrischem Gesicht aus, fotografierten es und freuten uns: Gut gemacht, dachten wir, nach den guten Erfahrungen mit Carla würde es auch mit diesem Hündchen gut gehen. Wir wollten es Beda nennen, denn so hiess Margrits Grossvater. Beda ist zwar ein ungarischer Männername, passte aber prima auf unser neues Hundemädchen und gab ihm einen italienischen Touch. Spinnerei, klar!

Carla nahm das winzige Hündchen sofort als ihr Kind an, schubste es in aller Freundlichkeit herum und wies es zurecht, wie Hunde das eben tun. Uns war schnell klar, dass unsere Entscheidung richtig war: Beda erlebte mit Carla eine weitere wichtige Phase der Eingewöhnung im Troupeau. Wir Menschen können nie das leisten, was eine Hundemutter kann. Und es muss offenbar nicht die leibliche sein.

Carla wurde vierzehn Jahre alt und war bis zuletzt bei guter Gesundheit. Eines Morgens konnte sie nicht mehr aufstehen und wir brachten sie zum Einschläfern, sie liegt bei uns im Garten. Wahrscheinlich etwas im Gehirn, meinte die Veterinärin, eine Blutung, ein Schlaganfall oder ein Tumor. Na ja, so genau wollten wir das gar nicht wissen...

 geboren März 2007 - gestorben

Beda wird Agility-Champion

Es war die Zeit, als wir uns von den Schafen trennten, Margrit damit arbeitslos wurde und Zeit und Lust bekam, sich mehr mit Beda zu befassen. Warum nicht in den Hundesport einsteigen, im Club Canin Bergeracois mitmachen und Anleitung bekommen? Beda war noch jung und formbar, es konnte vielleicht lustig werden. Der Club lag sehr günstig, nur zehn Autominuten entfernt, und Danielle, die Präsidentin, wirkte selber in der Hundeschule und gab Unterweisung in Agility. Andere Mitglieder führten die Welpenschule, leiteten Gehorsamkeitsübungen und lehrten Spurensuche und andere Spezialitäten. Kein schlechter Biotop also für eine Einsteigerin.

Margrit fand Spass an der Sache und diente sich brav durch die vorbereitenden Prüfungen nach oben. Ordnung muss sein, das leuchtet ein, und so sind vor die Agility-Ausbildung einige Vorstufen gelegt, durch die sich der junge Hund und sein Meister hocharbeiten müssen. Margrit nutzte diese Zeit auch für Schnupperlehren bei anderen Disziplinen, bei der Spurensuche und beim Gehorsam. Beim ersten passte ihr der Leiter nicht, beim zweiten zeigte Beda so viel Unlust, dass die Sache keinen Sinn gab.

Wenn ich erklären muss, was Agility ist, sage ich: Dressurreiten mit dem Hund. Mit dem Unterschied natürlich, dass der Hundeführer nicht auf dem Rücken seines Hundes sitzt, sondern nebenher läuft. Auf einem Stück Wiese stehen einige Hindernisse, Nummern bezeichnen die Reihenfolge, in der sie angelaufen werden müssen. Im Wettbewerb zählen die Zeit und die Fehler für die Rangfolge: Der schnellste fehlerlose Lauf gewinnt. Das tönt zwar harmlos, ist es aber gar nicht! Hund und Meister sollen zwar schnell sein, dabei aber genau dem vorgeschriebenen Weg folgen - es genügt also nicht, dass der Hund einfach kopflos davongaloppiert. Meister und Hund müssen in engem Kontakt bleiben: Der Meister führt den Hund, gibt also ständig Anweisungen, und versucht, mit ihm Schritt zu halten.

Es zeigte sich schnell, dass Margrit, Beda und Agility hervorragend zusammenpassten. Agility hat entfernt etwas mit Zirkus zu tun, mit spielerisch-ernsthaftem Lernen und Üben auf ein Ziel hin, den Auftritt in der Manege, im Agility eben der Concours. Borders sind ausgesprochene Laufhunde, sie sind schnell und ausdauernd, das Laufen macht ihnen Spass und die Hindernisse sind ihnen Herausforderung. Beda liess sich herausfordern, Margrit und Beda wurden ein prima Team und bald kamen sie mit den ersten Pokalen nach Hause.

Giaccomo und Juliette, die Geschwister

Als die drei Katzen weg waren, wurde es irgendwie leer in Puydorat. Hunde streichen einem nicht um die Beine, haben kein weiches Fell und sind ungeübt im Miauen. Wir hätten gern wieder zwei Kätzchen gehabt, wollten es diesmal aber schlauer machen als das erste Mal. Wir fragten in Campsegret herum und man riet uns, doch einmal bei Mme Fougeanet vorbeizuschauen. Wir fanden sie unterhalb der Hauptstrasse in einem ehemaligen Bauernhaus mit einem Hund, vielen Katzen und einigen Hühnern. Die Katzen durften offenbar alles, Madame teilte mit ihnen ihren Küchentisch und ihr Bett und war damit sicher die beste Adresse für Katzen, die an Menschen gewöhnt sind. Sie wollte uns gern zwei Kätzchen geben, sie würde uns aber um ein kleines Pourboire bitten. Wir liessen uns nicht bitten und bekamen einen weiss-schwarz gefleckten Buben und ein Tigermädchen, zwei totale Schmusekatzen.

Wegen Beda machten wir uns ganz unnötigerweise Sorgen, sie adoptierte die Kleinen sofort wie sie selber von Carla adoptiert worden war. Der Spruch «sie sind wie Hund und Katz zueinander,» stimmt in unserem Haus überhaupt nicht. Die Katzen gehören wie die Hühner und Enten einfach zum Troupeau und sind im Hundehirn irgendwo in der Hierarchie eingeordnet. Beda hütete die Hühner und brachte sie Abends in den Stall, jetzt erzog sie auch die beiden Kätzchen und liess sich dabei so allerhand gefallen. Und alles ging ausgesprochen friedlich zu.

 geboren Oktober 2005 - gestorben

Giova, die Kleine

Als Beda vierjährig wurde, begann Margrit an einem zweiten Hund herumzudenken. Argumente dafür gab es einige und natürlich auch Bedenken. Ein Agility-Hund wird vierjährig bis er anfängt im Concours erfolgreich zu sein. Und mit zehn Jahren wird er langsamer und kommt nicht mehr in die vorersten Ränge. Margrits Ehrgeiz riet also hier und jetzt zu einem zweiten Hund, der dann bei Bedas achtem Geburtstag erfolgreich die Nachfolge würde antreten können. Nachfolgeplanung also wie sie jeder Firmenchef machen muss.

Die Sache wurde komplizierter, als ich angenommen hatte: Sollte es wieder ein Border sein? Da ein Hundehalter in Frankreich nur mit einem Hund ohne Stammbaum antreten darf, musste unser zweiter im Herdenbuch eingetragen sein, also von einem offiziellen Züchter kommen. Wie man aber einen guten Züchter findet, kann schliesslich niemand sagen. Was wir uns einfach vorgestellt hatten, artete schliesslich in eine fast zweijährige Odyssee aus, deren Einzelheiten ich mir und Ihnen erspare. Es sollte wieder ein Border sein und übers Internet fand Margrit eine Züchterin in der Nähe von Orléans, die einen vertrauenswürdigen Eindruck machte.

Nun liegt Orléans vor den Toren von Paris, also sechs bis sieben Autostunden weg von Puydorat. Trotzdem riet ich dazu hinzufahren und Menschen und Hunde persönlich zu treffen. Der Aufwand lohnte sich, Margrit war überzeugt, freute sich auf das Neue Hündchen und hörte auf, Schreckensszenarien und andere schlimme Fantasien zu haben. Es begann das Warten, die Dame in Orléans stellte regelmässig Fotos der Welpen auf ihre Webseite und ein-, zweimal telefonierten die Frauen miteinander. Und dann kam der grosse Moment, wir fuhren zusammen nach Orléans und holten unsere Giova, zusammen mit einem ganzen Ordner voller Papiere: Vater, Mutter, die ganze Abstammung halt.

Wegen des Eintrags im Herdbuch musste 2012 der Name mit 'G' beginnen, was uns in einige Probleme stürzte. Alle meine gutgemeinten Vorschläge von Gaga über 'Gigi bis Guguus wurden verworfen - Giova'' wurde Sieger. Tant pis... Das Hündchen wurde von Beda problemlos akzeptiert und bemuttert und natürlich sofort ein Rang unter Beda eingeordnet. Das hat sich auch vier Jahre später nicht geändert.

 geboren Juli 2011  gestorben 

Giova, die Schwierige

Margrit begann natürlich sofort mit der Erziehung und mit einigen Vorübungen fürs Agility, denn diese Laufbahn war bereits entschieden. Giova war ausgesprochen lernbegierig und hatte offensichtlich Spass an der Arbeit mit dem Menschen Margrit. Sie konnte oft kaum ruhig sein, es sollte immer etwas laufen, oft spielte sie auch lange mit sich selber - ein Joghurtbecher, ein Ball oder ein Stück Holz genügten. Und sie wollte unbedingt draussen sein. Alles etwas neu und ungewohnt, nachdem Beda doch immer ein sehr ruhiger Hund gewesen war, der gern im Hause herumlag und Margrit alle Wünsche von den Augen ablas. Giova verlangte klare Führung und machte, was sie wollte, wenn sie diese nicht bekam.

Im Parcours wirkte sich das verheerend aus: Giova liess sich schlicht nicht führen, Margrit war verzweifelt und wir versuchten gemeinsam zu verstehen, was denn schief lief. Wir verstanden sie Sache etwa so:

Giova war ungeheuer nervös und unruhig, sie konnte nicht eine Sekunde warten, sondern verlor sofort den Kontakt zu Margrit und machte dann, was sie selber für richtig ansah. Meist endete das mit einem Abbruch des Agility-Laufs, weil der Hund zuerst gesucht und zurückgeführt werden musste. Wir vermuteten, dass Giova Margrit nicht als Meister anerkennen wollte oder konnte, sich nicht unterordnen wollte. Andrerseits sah es aber auch so aus, wie wenn Margrit die Oberhunde-Rolle nicht spielen wollte. Mit Carla und Beda war es schliesslich auch gegangen...

Es begann eine lange Lehr- und Lernzeit, Margrit bekam Hilfe von vielen Seiten, besuchte Trainings und die samstäglichen Erziehungs-Stunden im Klub. Sie wuchs in ihre Rolle hinein und Giova lernte ihre Nervosität besser kontrollieren. Sie wurde ruhiger und anhänglicher und sie ist auf dem besten Weg, ein Agility-Champion zu werden.

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